Der Leapmotor B10 kommt mit einer Ansage. Kompakt-SUV, 4,51 Meter Länge, Hinterradantrieb, großer Innenraum und ein Einstieg knapp unter 30.000 Euro. Klingt nach Gamechanger für preisbewusste Stromerfans. Die Frage ist nur: taugt er im Alltag wirklich oder lockt hier nur das Preisschild? Wir sind den B10 gefahren und haben genau hingeschaut.
Auftritt und Format
Optisch lehnt sich der B10 an den größeren C10 an, wirkt aber kompakter und bewusst clean. LED-Scheinwerfer mit Tagfahrlicht setzen die Front in Szene, das Heck mit durchgehender Lichtgrafik bleibt angenehm zeitlos. Die Pro-Max-Design-Variante steht auf 18-Zoll-Rädern, die ohne übertriebene Aero-Abdeckungen auskommen. Ein Detail polarisiert sofort: es gibt keinen Heckscheibenwischer. Entweder man vermisst ihn bei Regen, oder man freut sich über die saubere Linie.
Maße, Gewichte, Anhängelast
Der Leapmotor B10 misst 4,51 Meter in der Länge, 1,88 Meter in der Breite ohne Spiegel, 1,65 Meter in der Höhe und steht auf 2,73 Metern Radstand. 17 Zentimeter Bodenfreiheit bringen Reserven für den Alltag. Leer bringt die große-Akku-Variante 1.845 Kilo auf die Waage, die Zuladung liegt bei 435 Kilo. Gebremst wie ungebremst dürfen 750 Kilo an den Haken, die Stützlast ist mit 60 Kilo knapp bemessen. Zur Dachlast macht der Hersteller keine offizielle Angabe.
Antrieb und Akkus
Leapmotor setzt auf Hinterradantrieb mit einem E-Motor an der Hinterachse. Die Daten: 160 kW, also 218 PS, 240 Nm, null auf hundert in acht Sekunden, Spitze 170 km/h. Zwei Batteriegrößen stehen zur Wahl. Der kleine Akku kommt auf 56,2 kWh brutto und 55 kWh netto, lädt mit 11 kW AC und bis zu 140 kW DC. Der große Akku bietet 67,1 kWh brutto und 65 kWh netto, ebenfalls 11 kW AC und bis zu 168 kW DC. Die WLTP-Reichweite der großen Variante liegt kombiniert bei 434 Kilometern, innerstädtisch werden bis zu 608 Kilometer angegeben. Wie schnell er tatsächlich lädt und was er auf der Langstrecke verbraucht, klären wir separat im Ladecheck.
Praktikabilität: Frunk, Heck und Alltag
Unter der vorderen Haube sitzt ein echter Frunk, ausreichend für Typ-2-Kabel plus Schuko-Set. Die Haube wird klassisch mit Stab gehalten, dafür schließt sie satt. Hinten öffnet die elektrische Heckklappe den Zugang zu 420 Litern Kofferraumvolumen, mit umgelegter Rückbank wachsen die Werte auf bis zu 1.300 Liter. Die Rückbank teilt sich 60 zu 40, eine Ski-Durchreiche fehlt, zusätzliche Verzurrösen im Laderaum wären wünschenswert. Die Seitenwände bestehen aus Hartplastik und könnten bei häufiger Nutzung Spuren zeigen. Positiv: sauber geführte Rollo-Hutablage und niedrige Ladekante.
Innenraum, Sitzprobe und Materialeindruck
Vorne wie hinten überrascht der B10 mit Platz. Erwachsene sitzen auf allen vier Plätzen bequem, die Füße passen gut unter die Vordersitze, die Armauflagen liegen auf einer Höhe. Die Türtafeln sind oben weich unterschäumt, weiter unten spart Leapmotor mit Hartkunststoff. Hinten entspricht die Haptik der vorderen Türen, ein guter Punkt in dieser Preisklasse. Die Sitze sind weich gepolstert, elektrisch verstellbar, aber ohne Höhenverstellung. Wer groß gewachsen ist, hätte gern ein paar Zentimeter tiefer gesessen. Das große Glasdach bringt Licht in den Innenraum, der vollflächige Sonnenschutz verdunkelt zuverlässig.
Leapmotor B10 Fahrbericht Video
Bedienung und Infotainment
Hinter dem Lenkrad sitzt ein 8,6-Zoll-Kombiinstrument, zentral dominiert ein 14,6-Zoll-Touchscreen. Die Kacheloberfläche reagiert flott, Apps wie Spotify, Amazon Music oder Zoom sind verfügbar. Apple CarPlay und Android Auto fehlen derzeit und sollen erst 2026 per Software-Update kommen. Die Navigation arbeitet schnell, bietet Offline-Karten, aber keine integrierte Ladeplanung. Ladestopps muss man entlang der Route manuell auswählen. Die Sprachbedienung patzt noch zu oft. Spiegel werden umständlich über das Display in Kombination mit Lenkradtasten eingestellt. Drahtloses Laden gibt es nur auf der Fahrerseite. Pluspunkte holt sich der B10 mit der sehr guten 360-Grad-Kamera inklusive 3D-Rundumblick, 180-Grad-Frontansicht und Felgen-Nahsicht. Das Audiosystem klingt sauber, erreicht via Bluetooth aber nur Zimmerlautstärke, über Radio ist es spürbar lauter.
Leapmotor B10 Fotos

















Assistenz und Details
Der B10 bietet Abstandsregeltempomat, Spurhalte- und Lenkassistent. Die Erkennung von Tempolimits funktioniert, die Übernahme erfolgt bei Reduzierungen nach Bestätigung über den Fahrhebel, bei Freigaben muss man aktuell selbst hochdrehen. Eine kapazitive Lenkraderkennung fehlt, das System verlangt regelmäßige Lenkeingriffe.
Fahren: leise, wendig, komfortabel
Im Stadtverkehr punktet der kleine Wendekreis von 10,70 Metern. Kopfsteinpflaster und Querfugen bügelt das eher weich abgestimmte Fahrwerk gelassen weg. Die Lenkung lässt sich in drei Stufen anpassen, vermittelt kein Sportwagen-Feedback, passt aber zum Cruiser-Charakter. Die Bremsen packen kräftig zu, die gemessenen Verzögerungswerte liegen auf gutem Niveau. Beim Geräuschniveau überzeugt der B10. Wir haben 58 bis 59 dB bei 50 km/h, rund 62 dB bei 70 km/h und etwa 69 bis 70 dB bei 100 km/h notiert. Einfachverglasung muss also kein Nachteil sein, wenn die Karosserie ordentlich gedämmt ist.
Preise und Varianten
Der Leapmotor B10 startet als Pro Live bei rund 29.900 Euro mit dem kleinen Akku, 11 kW AC und bis 140 kW DC. Darüber rangieren Pro Max Live und Pro Max Design, wahlweise mit großem Akku und bis zu 168 kW DC. Die Design-Variante bringt Extras wie Sitzbelüftung, die Preisleiter reicht hier in Richtung Mitte 30.000.
Stärken, Schwächen, Einordnung
Was der B10 richtig macht: viel Platz auf kleiner Fläche, angenehm leise, guter Federungskomfort, starker Kamera-Rundumblick, echter Frunk, elektrische Heckklappe, solide Ladeleistung für die Klasse, fair kalkulierte Varianten. Wo er Nerven kostet: fehlender Heckscheibenwischer, keine Sitzhöhenverstellung, nur eine induktive Ladefläche, CarPlay und Android Auto erst später, keine echte Ladeplanung in der Navi, dünne Stützlast für Radträger, teils harte Kunststoffe im Gepäckabteil.
Wie sieht es aus mit dem Verbrauch und der Ladeleistung?
Der Leapmotor B10 muss nicht nur beim Preis überzeugen, sondern auch beim Energiebedarf. In unserer Verbrauchsfahrt über die mecklenburgische A19 haben wir den B10 in vier Geschwindigkeitsstufen getestet. Bei 100 km pro Stunde zeigte der Bordcomputer einen Verbrauch von rund 16,5 kWh pro 100 Kilometer an. Das ist ein sehr solider Wert für ein 1,8 Tonnen schweres SUV. Bei 120 km pro Stunde stieg der Verbrauch auf knapp 19,7 kWh, was immer noch in Ordnung ist und realistisch nahe am WLTP-Wert liegt. Erst bei 140 km pro Stunde wird es durstiger, dann genehmigt sich der Leapmotor B10 rund 32,7 kWh. Bei 160 km pro Stunde zeigt das Display 35 kWh, was den Akku spürbar schrumpfen lässt. Dennoch bleibt der B10 auf dieser Etappe stabil und sicher in der Spur. Wer überwiegend im Bereich zwischen 90 und 120 unterwegs ist, dürfte in der Praxis mit rund 18 kWh auskommen und sich damit im Alltag auf Reichweiten um 350 bis 380 Kilometer einstellen können.
Assistenzsysteme auf Mittel- und Langstrecke
Im Reisebetrieb zeigt der Leapmotor B10, dass er Fahrkomfort und Sicherheit in dieser Preisklasse ernst nimmt. Der Spurhalteassistent arbeitet präzise, der Abstandsregeltempomat hält zuverlässig Distanz. Leider fehlt eine kapazitive Lenkraderkennung, wodurch der Fahrer regelmäßig mit kleinen Bewegungen signalisieren muss, dass er aufmerksam ist. Zudem übernimmt das System Geschwindigkeitsänderungen nur in eine Richtung automatisch. Wird ein niedrigeres Tempolimit erkannt, lässt sich die neue Geschwindigkeit per kurzem Druck auf den Fahrstufenhebel übernehmen. Wird die Begrenzung jedoch aufgehoben, muss man manuell wieder hochregeln. Eine prädiktive Funktion, wie sie einige europäische Hersteller anbieten, fehlt derzeit noch. Hier wäre ein Software-Update über die Luft wünschenswert.
Innenraumklima, Komfort und Popometer
Auch auf längeren Etappen überzeugt der B10 mit seinem Federungskomfort. Schlaglöcher, Dehnfugen oder Kopfsteinpflaster werden gut absorbiert. Die Sitze bleiben angenehm, die Polsterung ist weich, die Seitenführung ausreichend. Nur die fehlende Höhenverstellung und die nicht anpassbare Gurthöhe sind kleine Schwächen, die in dieser Fahrzeugklasse aber häufig vorkommen. Das Raumklima hingegen könnte besser abgestimmt sein. Trotz Wärmepumpe muss man bei frischen 13 Grad Außentemperatur häufig nachregeln, um die Wohlfühlzone zu treffen. Hier sollte Leapmotor die Regelstrategie optimieren. Dafür punktet das Fahrzeug mit einer angenehmen Geräuschkulisse bis 120 km/h, die sich erst bei höheren Geschwindigkeiten deutlich erhöht.
Soundanlage und Bedienung
Das Soundsystem mit zwölf Lautsprechern spielt klar und sauber, ist aber über Bluetooth zu leise. Selbst bei voller Lautstärke bleibt Musik auf Zimmerlautstärkeniveau. Über das Radio lässt sich das System zwar deutlich lauter aufdrehen, aber in Kombination mit dem Smartphone zeigt sich ein Softwarelimit, das Leapmotor dringend beseitigen sollte. CarPlay und Android Auto fehlen derzeit, sind aber für 2026 angekündigt. Die Menüführung des Infotainments ist flüssig und logisch, die Sprachsteuerung hingegen reagiert oft träge oder erkennt Befehle falsch. Wer schnell ans Ziel will, tippt die Adresse besser manuell ein.
Ladeleistung und Alltagspraxis
An der Schnellladesäule zeigte der Leapmotor B10, was er kann. Von 10 auf 80 Prozent in nur 25 Minuten – und das bei 13 Grad Außentemperatur. Mit gemessenen 176 kW Ladeleistung lag er sogar über der Herstellerangabe. Selbst beim Erreichen von 50 Prozent fiel die Leistung nur leicht ab, erst jenseits der 60 Prozent pendelte sie sich bei rund 120 kW ein. Das ist für ein 400-Volt-System beachtlich. In der Praxis bedeutet das: Wer auf der Langstrecke alle 250 bis 300 Kilometer kurz nachlädt, kann nach einem Kaffee und einem warmen Kakao schon wieder weiterfahren. Das spricht für eine ausgereifte Zellchemie und eine gute Thermomanagementstrategie.
Kritik an der Ladeinfrastruktur
So stark die Ladeleistung des B10 ist, so nervig bleibt das Thema Ladeinfrastruktur. Gleich zwei Säulen verweigerten im Test den Dienst. Erst beim dritten Versuch begann der Ladevorgang. Genau solche Erlebnisse trüben oft die Freude an der Elektromobilität und schrecken potenzielle Umsteiger ab. Denn während man bei klassischen Tankstellen fast nie vor defekten Zapfsäulen steht, sind Ladefehler und Störungen nach wie vor keine Seltenheit. Leapmotor kann hier wenig dafür, aber das Zusammenspiel zwischen Auto, Ladesäule und Backend muss in Zukunft deutlich zuverlässiger werden.
Ein Blick auf die Zukunft
Der Leapmotor B10 zeigt, dass Elektromobilität nicht teuer sein muss, um alltagstauglich zu sein. Schon das aktuelle 400-Volt-System überzeugt. Noch spannender wird es, wenn Leapmotor – wie angekündigt – auch Modelle mit 800-Volt-Technik nach Europa bringt. Der größere C10 steht bereits in den Startlöchern und wird mit noch kürzeren Ladezeiten und höherer Effizienz punkten. Für 2026 ist zudem der kompakte B05 angekündigt, eine flache elektrische Limousine in der Größe eines Opel Astra. Leapmotor will mit diesen Modellen das komplette Segment unterhalb von 40.000 Euro abdecken – und das mit Ausstattung, die viele etablierte Marken so nicht bieten.
Kooperation und Angebot von Opel Schlingmann
Werbung: Besonders charmant ist, dass Leapmotor in Deutschland über Stellantis vertrieben wird. Das sorgt für ein dichtes Servicenetz und vertraute Ansprechpartner in vielen Opel-, Peugeot- und Fiat-Häusern. Opel Schlingmann in Waren an der Müritz bietet ein besonderes Dankeschön für fünf Jahre Partnerschaft mit Einfach elektrisch: Wer dort einen B10 oder C10 mit dem Stichwort „einfach elektrisch“ kauft, least oder finanziert, bekommt eine kompakte Wallbox gratis in den Kofferraum gelegt. Dazu gibt es eine Übernachtung im Parkhotel Fasanerie in Neustrelitz mit Frühstück. Und wer Glück hat, trifft dort auch Olli und Steffen persönlich auf einen Kaffee und ein kurzes Meet & Greet. Das Angebot gilt bis zum 30. April 2026 – ein sympathischer Bonus, der die Verbindung zwischen Händler, Community und E-Mobilität auf sehr persönliche Weise zeigt.
Fazit zur Verbrauchsfahrt
Nach über 200 Kilometern im realen Autobahnbetrieb bleibt der Eindruck bestehen, dass Leapmotor hier vieles richtig macht. Der B10 lädt schnell, fährt komfortabel, bietet viel Platz und überzeugt mit solidem Energieverbrauch. Schwächen wie die fehlende Ladeplanung, die noch unvollständige Smartphone-Integration und die simple Heizlogik sind verschmerzbar, wenn man den Preis betrachtet. Für unter 30.000 Euro liefert Leapmotor ein erstaunlich komplettes Elektroauto mit ehrlicher Reichweite und klarem Fokus auf Alltagstauglichkeit. Wer ein leises, zuverlässiges und unkompliziertes E-SUV sucht, findet im B10 einen neuen Maßstab in der bezahlbaren Elektromobilität.
Bringen wir es auf den Punkt?
Der Leapmotor B10 erfüllt die zentrale Versprechung: viel E-Auto fürs Geld. Er fährt leise, bequem und unkompliziert, bietet Platz wie ein Klassen-höher-Modell und hält mit zwei Akkuvarianten die richtige Spreizung für City und Pendelrevier bereit. Wer häufig Langstrecke plant, wartet auf unseren Ladecheck, denn Reichweite ist nur die halbe Miete, die Nachladerampe entscheidet. Wer dagegen einen bezahlbaren Alltagsstromer mit großem Nutzwert sucht und mit den klar benennbaren Schwächen leben kann, findet im B10 eine ernsthafte Alternative zu teureren Kompakt-SUV aus Europa. Der Preis ist heiß, der Rest erstaunlich erwachsen.





















